Big Data World - Interview
BI-Scout.com ist Headline Medienpartner des größten Daten-Events Deutschlands „Big Data World" (kostenfreie Tickets hier), am 7. + 8.11.2018 in Frankfurt a. M.. Dieses Interview ist Teil einer Serie mit den Keynote-Sprechern der Veranstaltung.
Prof. Dr. Klaus Juffernbruch studierte Informatik und Medizin an der RWTH Aachen. Nach seiner ärztlichen Tätigkeit am Klinikum der RWTH arbeitete er bei IBM in verschiedenen Consulting-, Vertriebs- und Managementfunktionen und bei Cisco als Direktor für strategische Beratung im Gesundheitswesen bevor er auf eine Professur für Gesundheits- und Sozialmanagement an der FOM Hochschule berufen wurde. Er wird bei „Big Data World" eine Keynote zum Thema „KI im Gesundheitswesen: Chancen und Risiken für Patienten und Heilberufler" halten.
„Man muss gerade im Gesundheitswesen zum Schutze der Patienten Qualitätsstandards für die Zulassung von KI-Lösungen definieren.“
Herr Professor, Sie sind seit 2012 Vorsitzender einer Expertengruppe im Rahmen des „Digital-Gipfels“ der Bundesregierung.
Klaus Juffernbruch: Die Kanzlerin hat ja bereits vor zwölf Jahren den „IT-Gipfel“ ins Leben gerufen. 2012 hat das Wirtschaftsministerium erkannt, dass intelligente Systeme immer wichtiger werden, unter anderem in der Medizin, und die Expertengruppe „Intelligente Gesundheitsnetze“ gebildet. Sie setzt sich aus Experten aus Wirtschaft, Forschung und Politik zusammen. Ich übernahm den Vorsitz gemeinsam mit Prof. Dr. Gernot Marx vom Universitätsklinikum der RWTH Aachen. Wir beobachten aktuelle technologische Entwicklungen und erarbeiten Vorschläge zur Nutzung im Gesundheitswesen.
Was konnten Sie in den vergangenen sechs Jahren erreichen?
Ein Riesenthema, das wir jahrelang hervorgehoben haben, ist die Interoperabilität der Systeme. In der Vergangenheit gab es da große Probleme. Dank der Bemühungen vieler Akteure, zu denen auch unsere Gruppe zählt, haben wir in den letzten Jahren Standardisierungsbemühungen gesehen und eine vermehrte Nutzung internationaler Schnittstellenstandards. Und auch der Gesetzgeber hat reagiert.
Der Einsatz von KI-Systemen wird immer relevanter. Ist Deutschland gut aufgestellt?
Ich sehe sehr große Vorteile durch den Einsatz der Technik. Deutschland muss meines Erachtens die Entwicklung fördern und sich engagieren. China hat ja bereits angekündigt, dass es die führende KI-Macht werden möchte. Deutschland sollte da nicht zurückstehen und es ist gut, dass die Bundesregierung den Bedarf erkannt hat. Die demografische Schere geht weiter auseinander. Wenn wir die langfristige medizinische Versorgung aller sichern wollen, kommen wir um den technischen Fortschritt nicht herum.
„Datenschutz wird fast immer nur von gesunden Menschen hochgehalten, währende chronisch Kranke sehr offen dafür sind, ihre Daten mit allen Behandlern zu teilen.“
Schon heute gibt es mehrere Hunderttausend Apps in den Rubriken „Medizin“ und „Gesundheit und Fitness“…
Das ist ein wichtiges Thema für uns, denn die Qualität dieser Apps ist sehr unterschiedlich. Einige sind von zweifelhafter Qualität, liefern sogar falsche Ergebnisse und schaden eventuell dem Nutzer. Für das neue Gebiet der künstlichen Intelligenz stellen sich daher einige Fragen: Wer stellt die Qualität der medizinischen KI-Systeme sicher? Kann jetzt jeder Hersteller seine eigenen Standards definieren? Wie stelle ich sicher, dass ein System, das Therapieempfehlungen macht, nicht interessengruppengesteuert ist? Ich bin grundsätzlich sehr für den Einsatz neuer Technologien, aber man muss gerade im Gesundheitswesen zum Schutze der Patienten Qualitätsstandards für die Zulassung definieren.
Die hohen Datenschutzhürden in Deutschland werden oft ins Feld geführt, wenn man von Hemmnissen bei der Verarbeitung von Patientendaten hört.
Man braucht vernünftige Trainingsdaten für die KI-Systeme, die selbstverständlich anonymisiert werden sollten. Aber wenn ich genügend Daten habe, kann ich eventuell trotzdem Rückschlüsse auf die Person ziehen. Das darf man natürlich nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es ist immer eine Gratwanderung: Datenschutz ist wichtig, wenn man aber nicht genug Daten hat, kann man die Systeme nicht optimieren.
Was ich an der Diskussion interessant finde, ist, dass Datenschutz fast immer nur von gesunden Menschen hochgehalten wird, währende chronisch Kranke sehr offen dafür sind, ihre Daten mit allen Behandlern zu teilen, in der Hoffnung, dass ihnen geholfen werden kann. Außerdem scheint Datenschutz immer ein beliebtes Argument von Leuten zu sein, die Technik verhindern wollen. „Es ist nicht sicher genug“ ist ein Totschlagargument, das man gar nicht großartig begründen muss. Deutschland ist diesbezüglich im Vergleich mit fast allen anderen Ländern besonders sensibel. Ausreichender Schutz medizinischer Daten ist sehr wichtig, sollte aber nicht auf Kosten der Behandlungsqualität gehen.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Professor!
Sehen Sie Professor Juffernbruch am 7.11. um 13:00Uhr live bei „Big Data World" mit seiner Keynote zum Thema „KI im Gesundheitswesen: Chancen und Risiken für Patienten und Heilberufler".
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