Unternehmensplanung in Zeiten der Krise

Unternehmensplanung in Zeiten der Krise

05.05.2020, Autor: Johannes Hehr

Das Budget ist abgegeben, die Planung in trockenen Tüchern und das Wirtschaftsjahr beginnt in geordneten Bahnen. Diese Aussage ist in normalen Wirtschaftsjahren bereits wenig korrekt und in Zeiten der Krise noch weniger zutreffend. In Krisenzeiten zeigt sich, wie robust und zuverlässig die Systeme und Prozesse aufgestellt sind und ob das Risikomanagement geeignete Maßnahmen formuliert und umsetzen kann, um einen wirtschaftlichen Schaden abzuwenden.

In diesen Zeiten wird sichtbar, das verfügbare Flexibilität einen Gegenpol zum Risiko bietet. Was bedeutet das für die Unternehmensplanung und welche Aufgaben übernimmt die Planung in Zeiten der Krise? Hier macht es Sinn, zuerst auf den Zweck und das Ziel der Unternehmensplanung generell zu schauen. Ein wesentlicher Zweck der Unternehmensplanung ist Transparenz zu schaffen über die Ressourcen, die zur Verfügung stehen. Es geht darum, dass die heute verfügbaren Ressourcen bestmöglich eingesetzt werden, um den Fortbestand und das Wachstum des Unternehmens zu sichern.

Mit verfügbaren Betriebsmitteln ist zumeist die Abbildung der Kostenseite verbunden, die gut planbar ist. Maschinen, Gebäude, Mitarbeiter sind hier wesentlicher Input, die als fixe oder variable Kosten geplant werden. Weniger planbar und zumeist ein vages Annähern ist die Planung der Einnahmen, Umsätze, die gegen sämtliche Kostenpositionen gegengerechnet werden, um den wirtschaftlichen Erfolg zu messen. Unternehmensplanung reicht hier von einfachem Fortschreiben der Ist-Zahlen auf Basis von deterministischen Annahmen bis hin zu treiberbasierten Simulationsmodellen, die auf quantitativen Verfahren beruhen.

Die Planung der Einnahmenseite in Form von Umsätzen ist in glaubhafter transparenter Form wesentlich schwieriger. Ein Teil zukünftiger Umsätze ist der der bereits vertraglich  zugesicherten Umsätze, welche einfach planbar sind. Hinzu kommen dann Umsätze in Vertrags- und Abschlussanbahnung, die ebenfalls noch mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten werden. Der Großteil der Umsätze ist dann aber bereits eine reine Schätzung ohne relevante Eintrittswahrscheinlichkeit.

„Anbieter von Planungssystemen unterscheiden sich oftmals deutlich un Bezug auf Flexibilität von Änderungen und Modellerweiterungen."

Modelle versuchen die Realität abzubilden

Viele Umsatzplanungen sind reine Schätzungen, die oftmals auf der Annahme der Vergangenheitsentwicklung beruhen, fortgeschrieben mit der Erfahrung der planenden Personen. Viele Schätzungen sind bereits nach wenigen Tagen durch veränderte externe Faktoren nicht mehr zutreffend und müssen korrigiert werden. Es hat sich gezeigt, das auch mathematische Simulationsverfahren bei sich verändernden exogenen Faktoren an die Grenzen ihrer Aussagekraft kommen. Denn das der Simulation zugrunde liegende Modell ist von seiner Natur her ein abgesteckter Rahmen mit gewählten Parametern, in dessen Rahmen sich die Simulation bewegt. Die Aussagekraft ist also stark von der gewählten Modellierung abhängig und damit auch der zu grundlegenden Annahmen über Treiber und ihre Zusammenhänge. Wurde bei der Modellierung ein wesentlicher Treiber vergessen oder die Kalibrierung der Abhängigkeiten aufgrund fehlender Information unzureichend durchgeführt, ist die Aussagekraft sehr begrenzt. Ich will damit zum Ausdruck bringen, das Planung der Umsätze und Marktentwicklungen immer eine Schätzung bleibt, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten kann.

Theorie und operativer Alltag

Wie kann ein fachlicher Planungsprozess, der in einem Softwaresystem umgesetzt wird, hier eine Hilfestellung sein? Indem die Software und die darin modellierten Planungsabläufe einen hohen Grad an Flexibilität und Agilität erlauben. Flexibilität bedeutet in dem Kontext von Planungssystemen, dass das System eine schnelle Änderung von Parametern und Einstellungen ermöglicht. Agilität hingegen bedeutet, dass dies auf einer kurzen Zeitskala bewältigt werden kann. Wichtig ist, dass der technisch basierte Planungsprozess dennoch eine niedrige Modellfehlerquote aufweist. Das bedeutet, dass bei Veränderung der Parameter und Ergänzungen von Annahmen die Berechnungen des Modells konsistent und vollständig bleiben. Ging die Bilanz vorher auf, sollte sie in einem neuen Szenario ebenfalls aufgehen. Funktioniert der Liquiditätsbericht vor dem Szenario, sollte er danach ebenfalls noch funktionieren. Ein flexibles System zeichnet sich also dadurch aus, dass es dem Anwender ermöglicht, mit seinen Fachkenntnissen planungsrelevante Annahmen und Daten zu verändern und dies auf einer sehr kurzen Zeitskala, ohne dass das gesamte Modell inkonsistent wird. Das kann z. B. das hinzufügen einer Kostenposition sein, der Ausfall einer Zahlung, die Verschmelzung von Kostenträgern oder die Eingabe von Maßnahmen, um ihre Wirksamkeit auf die GuV vorab in Szenarien zu testen.


Die Qual der Wahl

Hierbei unterscheiden sich Anbieter von Planungssystemen oftmals sogar deutlich, was die Flexibilität von Änderungen und Modellerweiterungen angeht. Was bei einem Anbieter wenige Stunden in Anspruch nimmt (z. B. Einpflegen einer neuen Reporting-Dimension), kann bei einem anderen Anbieter bereits mehrere Tage in Anspruch nehmen. Wertvolle Zeit, die in Zeiten dieser Tage oftmals nicht vorhanden ist. Denn dringliche Fragen, wie stelle ich meine Produktion nächste Woche sicher, welches Werk geht in Kurzarbeit, welche Güter kann ich umleiten und wohin am besten, sind in mancher Branche besser heute als morgen beantwortet. Achten Sie also bei der Auswahl und dem Aufsetzen von Planungsprozessen und Systemen auf Flexibilität, die als Gegenpol von eintretenden Risiken in der Planung konkret helfen kann, Handlungsalternativen vorab zeitnah zu testen und die bestmögliche Option zur Entscheidung zu bringen.

Anfangs erwähnte ich, dass Risiken offenbaren, worauf wir gebaut haben. Dies zeigt sich auch in den persönlichen Plänen und Lebensentwürfen, die an Sicherheit und Kontrolle verlieren. Diese Krise zeigt, was wirklich wichtig ist im Leben und welche Beziehung trägt und damit Zuversicht und Hoffnung gibt. In diesem Sinne ist planen gut, aber längst nicht alles, was zählt!

BI Scout Marktübersicht

Dieser Beitrag ist zuerst in der Fachzeitschrift is report 02/2020 erschienen. https://isreport.de/

Johannes Hehr ist seit April 2020 als Director Sales bei der CoPlanner Software und Consulting Gmbh tätig. Seit zehn Jahren befasst er sich mit der fachlichen Konzeption und Etablierung von Software für quantitative Risikomodelle – zuletzt bei der pmOne AG. Sein Schwerpunkt ist hierbei aus fachlichen Anforderungen technische Umsetzungen zu schaffen. Kontakt: j.hehr(at)coplanner.com