Coronakrise, Datenkrise, Datenvisualisierungskrise – Teil 2<br>

Coronakrise, Datenkrise, Datenvisualisierungskrise – Teil 2

Drei Positivbeispiele für Corona-Visualisierungen

04.06.2020, Autoren: Dr. Carsten Bange und Andreas Wiener

Im Zuge der Corona-Pandemie spielen Datenanalysen und -visualisierungen entscheidende Rollen: Wie entwickeln sich die Fallzahlen? Wie viele freie Krankenhausbetten gibt es? Werden Testkapazitäten voll genutzt? Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf den Alltag? Führende Medien veröffentlichen dazu täglich Datenvisualisierungen. Wir haben Experten für Business Intelligence und Data Analytics gebeten, einige dieser Visualisierungen kritisch zu betrachten: Was ist gut? Was ist schlecht? Was könnte man besser machen? Im zweiten Teil der Serie zeigen Dr. Carsten Bange und Andreas Wiener einige Positivbeispiele für Corona-Visualisierungen.

Zurzeit haben „Corona-Dashboards“ Inflation. Gefühlt jeder Hersteller von Data Analytics / BI-Software der Welt wirbt mit solchen Dashboard und viele Medien bemühen sich mehr oder weniger erfolgreich um die Visualisierung der Fallzahlen, Neuinfektionen und weiterer Kennzahlen.

Wir wollen in diesem Beitrag drei Beispiele zeigen, die uns positiv aufgefallen sind. Negativbeispiele wurden aus unserer Sicht ausreichend aufgegriffen.


1. Information is Beautiful

Abbildung 1: Wie tödlich und ansteckend ist der Coronavirus im Vergleich mit anderen Krankheiten?
(Quelle: Information is beautiful)

David McCandless, der Kopf hinter Information is Beautiful (bekannt u.a. durch seinen Ted-Talk) veröffentlichte schon sehr früh in der Coronakrise nicht nur optisch ansprechende, sondern auch aussagekräftige Visualisierungen. Während viele Medien gerade am Anfang der Krise hauptsächlich Fallzahlen kommunizierten war bei Information is Beautiful bereits eine Abbildung zu finden, die COVID-19 hinsichtlich der zwei Kennzahlen Sterberate und Ansteckungsgefahr mit anderen Infektionskrankheiten verglich (Abbildung 1). Die Darstellung von COVID-19 als Box bzw. Bereich und nicht als Punkt in der Grafik macht klar, dass es noch keine Gewissheit hinsichtlich dieser Aspekte gibt. Der Betrachter kann aber sehr schnell den Bereich erkennen, in dem sich Covid19 nach aktuellem Kenntnisstand ungefähr abspielt und auch eine Einordnung zu anderen Krankheiten vornehmen.

Link: https://informationisbeautiful.net/visualizations/covid-19-coronavirus-infographic-datapack/

2. Bissantz

Abbildung 2: Screenshot Bissantz Corona Dashboard (Quelle: Bissantz & Company)

Nicolas Bissantz, Geschäftsführer von Bissantz & Company, fiel nicht nur mit den Statements „Die Coronakrise ist eine Datenkrise“ und „visuelle Verkürzung“ auf, sondern er unterscheidet sich deutlich von allen anderen Anbietern von Business-Intelligence-Software, indem er versucht nicht nur Visualisierungen der bekannten und veröffentlichen Zahlen zu erstellen, sondern den Zahlen und ihrer Analyse wirklich auf den Grund zu gehen. Diese fachlich tiefe Auseinandersetzung führt beim Rezipienten zu deutlich mehr Erkenntnisgewinn jenseits der allgemein bekannten Kennzahlen. Außerdem zeigt er auf, wie das einfache Berichten und Visualisieren kumulierter Fallzahlen eigentlich eher verwirrend oder sogar täuschend sein kann.

Link: https://www.bissantz.de/corona/analysen-und-visualisierung/

3. Google

Abbildung 3: Screenshot Google: Suche nach „Corona" führt schnell zu interessanten Daten.

Ein weiteres sehr positives Beispiel ist Google, vor allem weil es einen schnellen Zugang zu Informationen bietet und das nicht nur für Daten-Cracks. Besonders mobil wird man schnell und effizient informiert. Gibt man „Corona“ ein und klickt auf Statistiken öffnet sich eine Karte, in der man sofort sieht, welche Regionen betroffen sind (siehe Abbildung 3). Darunter eine einfache Tabelle, um sich die Zahlen im Vergleich anzusehen. Das Spannende ist, dass Google die wohl bei den meisten dringlichste Frage schnell durch ein Tabelle beantwortet: „Wie ist die Situation in meiner Region?“

Darüber motiviert die eingängige Usability von Google zur weiteren eigenständigen Erkundung der Daten und das nicht nur datenaffine Menschen, sondern auch Laien. Highlight sind sicherlich die Sparklines, die einen schnellen Eindruck geben, wie die Fallzahlen sich in Bundesländern oder im weltweiten Vergleich verändert haben. Google ist das perfekte Beispiel dafür, wie man Interessierten schnell relevante Daten zur Verfügung stellt und das nicht als unterhaltsame Infografik - wie so oft in der Presse verwendet – sondern nüchtern und seriös.

Link: https://www.google.com


„Es braucht mehr als ein Dashboard, um sein Publikum zufriedenzustellen.“

Zusammenfassend zeigt sich, dass Anwender verschiedene Kanäle zur Informationsgewinnung nutzen kann, die sich ergänzen. McCandles zeigt Relationen, Bissantz ermöglicht relevante und durchdachte Analysen und Google biete einen guten und schnellen Einstieg für jeden. Auch hier gilt: „Es braucht mehr als ein Dashboard, um sein Publikum zufriedenzustellen.“

Click here to play the video.

Video: TED-Talk David McCandless, von Information is Beautiful

Andreas Wiener ist Gründer und Geschäftsführer der reportingimpulse GmbH. Er hat über 10 Jahre Erfahrung im Erstellen und der Etablierung von Dashboards in Unternehmen. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher, Fachartikel und Publikationen zu den Themen Reporting, Information Design und Datenvisualisierung und gehört zu einem der führenden Visualisierungs- und Dashboardexperten in Europa.
Kontakt: andreas.wiener@reportingimpulse.com

Dr. Carsten Bange ist Gründer und Geschäftsführer des Business Application Research Center (BARC) in Deutschland. Dr. Bange gilt als einer der führenden Experten für die erfolgreiche Nutzung von Informationstechnologie für Business Intelligence und Datenmanagement im Rahmen der Transformation zu datengetriebenen Unternehmen. Als langjähriger und neutraler Beobachter des Markts ist er Coach und Strategieberater von Unternehmen verschiedenster Branchen und Größen, häufiger Redner auf Tagungen und Seminaren sowie Autor zahlreicher Fachpublikationen und Marktstudien.
Kontakt: carsten.bange@barc.de, Tel.: +49 931/880 651-0