Advanced-Analytics-Software für das Controlling – eine Marktübersicht <br>

Advanced-Analytics-Software für das Controlling – eine Marktübersicht


07.11.2016, von Dr. Carsten Bange, Dr. Sebastian Derwisch, Dr. Christian Fuchs und Lars Iffert

Da die Kernaufgabe des Controllings bekanntlich in der Koordination der Informationsversorgung mit dem Informationsbedarf einerseits und dem Planungs- und Kontrollsystem andererseits liegt, eröffnet ihm der Einsatz von Business Analytics nicht nur neue Möglichkeiten, sondern lässt ihm auch eine Schlüsselrolle zukommen .

Business Analytics umfasst dabei verschiedene Teilgebiete. Neben den klassischen BI-Disziplinen wie OLAP-Analyse und mengenorientierte Analyse, die ergänzt werden durch visuelle Analyse gibt es fortgeschrittenere Analyseformen wie Textanalyse, graphenbasierte Analyse und Advanced Analytics.

Ein Hauptanwendungsbereich von Business Analytics ist das bessere Verständnis von Entwicklungen in der Vergangenheit, jedoch auch das frühzeitige Erkennen zukünftiger Entwicklungen inklusive der zielgerichteten Ableitung proaktiver Handlungsmaßnahmen. Zu den typischen Controlling-Aufgaben, die Advanced Analytics gewinnbringend unterstützen kann, gehören mathematisch-statistische Prognosetechniken, mit denen Entwicklungen – basierend auf Vergangenheitsdaten – (automatisiert) prognostiziert werden können; darunter die Identifikation von Wirkungszusammenhängen anhand von Regressionsanalysen und Risikosimulationsverfahren wie bspw. die Monte-Carlo-Simulationen, mit denen mögliche risikobedingte Zukunftsszenarien berechnet und analysiert werden.

Um auf dem vielfältigen Markt der Advanced-Analytics-Werkzeuge die richtige Entscheidung zu treffen, müssen valide Kriterien anhand der Erfordernisse des Controllings und dem Ablauf in Advanced-Analytics-Projekten erstellt werden. Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick von Advanced-Analytics-Software. Relevante Softwarelösungen werden auf Basis des BARC Score Advanced Analytics bewertet.


Führende Advanced-Analytics-Plattformen im Überblick

Grundsätzlich sind für die Lösung von Advanced-Analytics-Aufgaben folgende Softwaregruppen geeignet: Anwendungsspezifische Lösungen die einen spezifischen Use Case adressieren, Business-Intelligence-Lösungen mit integrierten, meist einfachen Advanced-Analytics-Funktionen, klassische Advanced-Analytics-Plattformen die eine große Flexibilität in der mathematischen Modellierung bieten, bis hin zu Programmierumgebungen für Eigenentwicklungen. Da Advanced-Analytics-Plattformen sowohl erfahrene Programmierer als auch Business-Analysten die Möglichkeit zur Definition von Advanced-Analytics-Workflows bieten, soll dieses Marktsegment im Folgenden vertieft betrachtet werden. Die Systematisierung erfolgt auf Basis der BARC-Score-Methodik, einem generischen Ranking auf Basis eines umfassenden Kriterienkataloges.
 
Im Bereich der Market Leader finden sich mit IBM und SAS zwei Anbieter, die ausgereifte Lösungen mit komplementären Produkten im Portfolio aufweisen. IBM bietet mit SPSS Statistics und SPSS Modeler Lösungen an, die sowohl den statistischen als auch den Bereich des maschinellen Lernens sehr gut abbilden. Weitere, relevante Komponenten des IBM-Portfolios sind Datenmanagement-Werkzeuge, Optimierungslösungen (ILOG), sowie eine BI-Plattform (Cognos), die zur Visualisierung der Ergebnisse genutzt werden kann. Die Kernprodukte für das Erstellen von Advanced-Analytics-Lösungen von SAS sind der Enterprise Miner, der auf einer graphischen Benutzeroberfläche basiert, sowie In-Memory Statistics, eine codebasierte Analysesoftware, in die SAS-Algorithmen eingebunden werden können.

Diese Komponenten werden durch die Produkte Visual Analytics und Visual Statistics ergänzt, die über die graphische Darstellung von Daten und Ergebnissen das Management und den Fachanwender fokussieren. Zudem bietet SAS Lösungen für Datenzugriff, Datenmanagement und Operations Research Modellierung. SAS bietet in SAS/OR umfangreiche Funktionalitäten für Operations Research sowie ein User Interface, das die Arbeit mit Optimierungsmodellen vereinfacht. SAS stattet zudem in Visual Analytics seine BI-Plattform mit einfachen aber effizienten statistischen Analysen und fortgeschrittenen Visualisierungen aus. Über die eingeschränkte Auswahl der Analyseoptionen wird dem Nutzer die Analyse vereinfacht.

 Abbildung: BARC Score Advanced Analytics Platforms

Microsoft und SAP sind die Trendsetter auf dem Markt. Beide Firmen haben sich in den letzten Jahren auch aufgrund strategischer Akquisitionen stark positioniert. Microsoft bietet mit Azure ML die einzige reine Cloud-Lösung im Feld der im Score bewerteten Anbieter an. Die Nutzer arbeiten hier auf einer grafischen Oberfläche. Dazu ist mit Revolution Analytics seit letztem Jahr eine R-Implementation Teil von Microsoft, die hauptsächlich auf die Beschleunigung der Verarbeitung von R-Logik abzielt.
Mit SAP Predictive Analytics können Nutzer eigene Workflows aufbauen oder die Analyse automatisiert durch die Software durchführen lassen. SAP verfügt über ein breites Portfolio komplementärer Komponenten wie z.B. der In-Memory-Datenbank HANA, Datenintegrationswerkzeugen und der Business-Intelligence-Suite Lumira, in die Predictive Analytics integriert ist. Eine weitgehende Automatisierung des Data-Mining-Prozesses bietet SAP im „Automated Mode“.

TIBCO, DELL, KNIME, RapidMiner und Pentaho wurden als Challenger bewertet. Diese Anbieter offerieren sehr gute Advanced-Analytics-Tools mit innovativen Ansätzen. KNIME ist als Open-Source-, sowie als kommerzielle Version mit Erweiterungen wie einem Server, einem Team Space und Big-Data-Erweiterungen erhältlich. RapidMiner ist ein weiterer Anbieter, der seine Software als Open-Source- und kommerzieller Variante anbietet. Die Software hat einen Fokus auf Machine-Learning-Algorithmen für Klassifikation und Clustering. RapidMiner geht mit der Funktion „Wisdom of Crowds“ einen ganz eigenen Weg um unerfahrenen Nutzern die Arbeit mit der Software zu erleichtern. Nutzer können Vorschläge über den jeweils nächsten Schritt in der Datenanalyse mit der RapidMiner-Community abgleichen .  Dabei werden vom Werkzeug Analyseschritte vorgeschlagen, die andere User oft in ähnlichen Analysen genutzt haben. DELL Statistica ist ein Klassiker unter den Anbietern von Advanced-Analytics-Software, der hinsichtlich Oberfläche und Funktionalität kontinuierlich verbessert wird. Die Software bietet eine breite Auswahl an Algorithmen und exzellente Visualisierungsfunktionen. DELL bietet mit dem Wizard zudem eine konkrete Unterstützung für den Nutzer. Der Wizard führt den Nutzer durch den Data-Mining-Prozess und schlägt Formen der Datenaufbereitung und Ergebnispräsentation für einen bestimmten Anwendungsfall vor. TIBCO Spotfire positioniert sich als offene Plattform, die verschiedene Anbieter von Advanced-Analytics-Algorithmen wie Matlab, SAS und KNIME integriert. TIBCO bietet mit TERR (TIBCO Enterprise Runtime for R) eine R-Implementation, welche die Laufzeit von R auf großen Datenmengen verbessert. Da die Nutzerzahlen von R sowie die Anzahl der frei verfügbaren Zusatzpakete wachsen, ist dies sicherlich ein interessantes Feature. Pentaho bildet Advanced Analytics in seinem Softwareportfolio über die Open-Source-Software Weka ab und hat innerhalb seines Datenintegrationswerkzeuges elegante Schnittstellen zu Weka-Logik geschaffen. Um die Performanz der Berechnung zu steigern, können die meisten Anbieter R-Logik oder Teile ihrer Algorithmen nah bei den Daten – im Hadoop-Cluster oder in der Datenbank – ablaufen lassen.


Durch gezielte Softwareauswahl von Advanced Analytics profitieren

Die Auswahl einer geeigneten Software für die Unterstützung von Advanced-Analytics-Initiativen orientiert sich an den spezifischen Bedarfen im Unternehmen. Gerade in Bezug auf Advanced-Analytics-Projekte hat sich die Definition der Use Cases als fachliche und technische Anforderungsanalyse als essentiell erwiesen. Hierbei hat sich die BARC-Use-Case-Methodik bewährt, in der Anwendungsfälle zusammen mit Fachabteilungen strukturiert erarbeitet, dokumentiert und priorisiert werden. Ausgehend von den typischen zu lösenden Aufgabenstellungen der Fachabteilungen und des Managements sowie den Restriktionen bzgl. Daten und analytischen Kapazitäten und Fähigkeiten zur Umsetzung von Advanced-Analytics-Projekten können die Anforderungen an eine Software erarbeitet werden. So lassen sich ganzheitliche Kriterien formulieren um in der Vielfalt der Advanced-Analytics-Systeme das passende Werkzeug zu finden.

Dr. Carsten Bange ist Gründer und Geschäftsführer des Business Application Research Center (BARC) in Deutschland und Mitglied des Vorstands der CXP Group.
Dr. Bange gilt als einer der führenden Experten für die erfolgreiche Nutzung von Informationstechnologie für Business Intelligence und Datenmanagement im Rahmen der Transformation zu datengetriebenen Unternehmen. Als langjähriger und neutraler Beobachter des Markts ist er Coach und Strategieberater von Unternehmen verschiedenster Branchen und Größen, häufiger Redner auf Tagungen und Seminaren sowie Autor zahlreicher Fachpublikationen und Marktstudien.

Dr. Sebastian Derwisch ist Data Scientist am Business Application Research Center (BARC). Er berät Unternehmen in den Bereichen Use-Case-Identifikation für Datenanalyse, Werkzeugauswahl für Advanced Analytics und die Organisation von Data-Science-Teams. Er führt Proof of Concepts für Advanced Analytics durch und gibt Data Science Coachings. Sebastian Derwisch ist Autor von BARC-Marktstudien und Forschungsartikeln, hält Vorträge auf Konferenzen und BARC- und Inhouse-Seminare.

Dr. Christian Fuchs ist Head of Research und Senior Analyst für Business Intelligence am Business Application Research Center (BARC). Er ist Autor zahlreicher BARC-Studien und -Marktanalysen und gefragter Redner zu verschiedenen Planungs- und Business-Intelligence-Themen. Als Berater unterstützt er Unternehmen im Softwareauswahlprozess und in der Einführungsphase sowie bei strategischen Fragen zum BI-Frontend-Portfolio inklusive Architektur und Nutzungsszenarien.

Lars Iffert ist Analyst und Berater am Business Application Research Center (BARC). Seine Schwerpunkte sind die Datenverwaltung, Datenintegration, Datenqualität, sowie Advanced und Predictive Analytics. Er unterstützt Unternehmen bei strategischen Fragen, im Softwareauswahlprozess und in der Überprüfung bestehender Lösungen. Er ist Autor einiger BARC-Anwenderstudien und Marktübersichten.

Das Business Application Research Center (BARC) ist ein Forschungs- und Beratungsinstitut für Unternehmenssoftware mit Fokus auf die Bereiche Business Intelligence/Analytics, Datenmanagement, Enterprise Content Management (ECM), Customer Relationship Management  (CRM) und Enterprise Ressource Planning (ERP).

BARC-Analysten unterstützen seit 20 Jahren Unternehmen bei Strategie, Organisation, Architektur und Evaluationsfragen in diesen Themengebieten. Dabei vereinen die BARC-Analysten Markt-, Produkt- und Einführungswissen. Know-how-Basis sind die seit Jahren ständig durchgeführten Marktanalysen und Produktvergleichsstudien, die ein umfassendes Detailwissen über den Leistungsumfang aller marktrelevanten Softwareanbieter, neueste Entwicklungen und Best Practices sicherstellen.

BARC formt mit den Analystenhäusern CXP und PAC die führende europäische Analystengruppe für Unternehmenssoftware und IT Services mit Präsenzen in acht Ländern.

Case study

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