Advanced Analytics ist nach wie vor ein Trendthema. Es kann die Basis für neue Geschäftsmodelle, attraktivere Produkte und Dienstleistungen bilden oder zur Prozessoptimierung genutzt werden. Allerdings ist oft unklar, was bereits machbar und was leider nur wünschenswert ist. Doch wie werden fortgeschrittene Analysemethoden heute tatsächlich genutzt? Welche Unternehmen nutzen Advanced Analytics überwiegend? Wie weit sind die einzelnen Branchen? Welche Use Cases werden tatsächlich umgesetzt? Antworten auf diese Fragen geben die Ergebnisse der neuesten BARC-Anwenderbefragung Advanced Analytics. Die jährlich stattfindende Studie analysiert die Rückmeldungen von über 250 Teilnehmern aus der DACH-Region. Dabei werden dieses Mal insbesondere Unterschiede zwischen Unternehmen, die sich im Stadium der Prototypisierung oder in der Operationalisierung befinden, herausgearbeitet.
Advanced-Analytics-Nutzung steigt und Initiativen reifen
Advanced Analytics befindet sich immer noch in einer frühen Phase der Verbreitung. Der Anteil der Unternehmen, die Advanced Analytics vereinzelt oder häufig nutzen, steigt gegenüber dem Vorjahr leicht von 36% auf 43% an. Allerdings hat sich der Anteil der Unternehmen, die Advanced Analytics häufig nutzen, verdoppelt – 10% anstelle von 5% nutzen Advanced Analytics häufig im Unternehmen. Beim Blick auf die Phasen des analytischen Zyklus ist erkennbar, dass der Anteil der Unternehmen, die dabei sind Use Cases zu identifizieren, abgenommen hat. Dafür nimmt der Anteil von Unternehmen, die sich in Prototypisierung befinden leicht zu (von 24 % auf 29 %). Diese Entwicklung weisen auch Unternehmen, die Advanced Analytics regelmäßig zur Entscheidungsunterstützung nutzen (von 15 % auf 22 %), auf. Insgesamt befinden sich 72% der Unternehmen, die am Survey teilgenommen haben, in der Prototypisierung und 28% in der Operationalisierung von Advanced-Analytics-Lösungen.
Starke Nutzung in allen Anwendergruppen
Fachbereiche sind weiterhin die wichtigsten Treiber von Advanced Analytics. In 31 % der Unternehmen wird Advanced Analytics durch Key User aus dem Fachbereich umgesetzt. Immerhin in 15 % der Unternehmen nutzen bereits Gelegenheitsanwender in den Fachbereichen Advanced Analytics. Dieser Anteil wird sicherlich noch steigen – ob bewusst oder unbewusst durch eine stärkere Integration von Advanced Analytics in die operativen und dispositiven Prozesse. 23 % der Befragten geben an, dass Advanced-Analytics-Analysen durch Data Scientists durchgeführt werden. Einige Unternehmen (15 %) haben zusätzlich Aufgaben rund um fortgeschrittene Analysen institutionalisiert und Data Science Labs gegründet. 21 % der Befragten setzen Advanced Analytics durch ein Business Intelligence Competency Center (BICC) um. Das BICC bietet sich an, um Advanced Analytics im täglichen Einsatz zu steuern und zu entwickeln.16 % der Befragten greifen auf externe Dienstleister zurück.
Unternehmen befinden sich in einer frühen Phase der Operationalisierung
Die Operationalisierung von Advanced-Analytics-Prototypen gliedert sich in verschiedene Etappen. Nutzer befinden sich überwiegend in den frühen Phasen der Operationalisierung. Über ein Viertel der Unternehmen ist aktuell dabei, Prototypen zu validieren bzw. ein technisches Deployment umzusetzen oder Nutzeroberflächen zu erstellen. 60% bis 71% der Unternehmen haben noch keine Projekte in die Phasen der Nutzung dieser Advanced-Analytics-Anwendungen überführt und konnten auch noch keine konkreten Mehrwerte messen. Die Validierung der Prototypen ist die Phase, die Unternehmen die größten Schwierigkeiten bereitet.
Unterschiedliche Software in Prototypisierung und Operationalisierung genutzt
Die am häufigsten genutzten Werkzeuge zur Umsetzung von Advanced Analytics sind Business-Intelligence-Plattformen und Data-Discovery-Werkzeuge (69%). Diese bieten zum einen integrierte statistische Bibliotheken an, zum anderen ist aber auch die direkte Integration von Open-Source-Entwicklungssprachen wie R oder Python möglich. 43% der Unternehmen setzen auf Open-Source-Entwicklungssprachen wie R oder Python für die Modellierung und ein Fünftel der Unternehmen auf Advanced-Analytics-Plattformen. Gruppiert man die Werkzeuge in kommerzielle und Open-Source-Werkzeuge und segmentiert die Anwender in jene, die sich hauptsächlich mit der Operationalisierung befassen und solche die sich hauptsächlich in der Prototypisierung befinden, sind klare Unterschiede in der Nutzung erkennbar. Während Unternehmen, die sich überwiegend in der Prototypisierung von Advanced-Analytics-Lösungen befinden, zu über 70% Open-Source-Technologie einsetzen, tun dies nur knapp die Hälfte der Unternehmen in der Operationalisierung.
Fehler im Datenmanagement sind das technische Hauptproblem
Datenmanagement ist aufgrund wachsender Datenmengen und -quellen wichtiger denn je. Bei einem Drittel der Befragten beeinträchtigen Fehler im Datenmanagement, wie bspw. eine unzureichende Datenqualität oder fehlender Datenzugriff ihre Advanced-Analytics-Vorhaben. Zudem zeigen sich interessante Unterschiede zwischen Unternehmen, die sich hauptsächlich noch in der Prototypisierung befinden gegenüber den fortgeschrittenen Firmen: 45 % der Firmen, die sich noch vorwiegend mit der Prototypisierung von Advanced Analytics beschäftigen, geben an, dass sie durch unflexible Systeme gehindert werden (bei den fortgeschrittenen Unternehmen stellt dies nur für 23 % ein Problem dar).
Personalaufbau, Implementierung und externe Beratung sind Priorität
Je weiter die Umsetzung von Advanced-Analytics-Projekten fortschreitet, desto deutlicher wird auch der Mangel an Business-Analysten, Data Scientists und Data Engineers. Unternehmen, die sich bereits in der Operationalisierung befinden, investieren stärker in ihren Personalaufbau (42 % gegenüber 31 % der Unternehmen in der Operationalisierung). Unternehmen, die sich noch in der Protypisierung befinden, investieren mehr in die Implementierung (41 % gegenüber 32 % der Unternehmen in der Operationalisierung). Dies ist nachvollziehbar, da sich diese Unternehmen noch vorwiegend in der ersten Hälfte des Data-Mining-Zyklus befinden. Sie müssen die Herausforderungen lösen, Datenzugänge einzurichten, Daten aufzubereiten und Data-Mining-Modelle auszuarbeiten.
Fazit & BARC Handlungsempfehlungen
Reife – der Markt schreitet voran: Während die Verbreitung von Advanced Analytics zögerlich vorangeht, reifen vorhandene Initiativen. Unternehmen haben nach wie vor die Möglichkeit zur Gruppe der Vorreiter zu gehören, die sich frühzeitig durch Advanced Analytics Wettbewerbsvorteile sichert. Um den Übergang der Prototypen in die Operationalisierung reibungslos zu gestalten, sollte die Validierung der Prototypen schon in der Konzeption der Lösungen berücksichtigt werden. Hier treten die meisten Probleme auf bzw. scheitern die meisten Projekte. Durch klar definierte Use Cases, die Identifikation von Benchmarks und KPIs, die den Mehrwert der Lösungen messen oder die gezielte Ausrichtung der Projekte an der Unternehmensstrategie, kann diese Validierung früh im Prozess berücksichtigt werden.
Kommerzielle Software lohnt sich zur Operationalisierung: Vorteile bietet sie auch in der schwierigen Phase der Operationalisierung, in der Prototypen in stabile IT-Lösungen mit regelmäßigen Wartungszyklen überführt werden. Hier stellen beispielsweise Advanced-Analytics-Plattformen oder direkt nutzbare Standard-Web-Services mehr Unterstützung zur Verfügung als Open Source Software.
Automatisierung ermöglicht skalierbare Prozesse. Die manuelle Operationalisierung in Form eines Exports und Versendens der Ergebnisse ist in frühen Phasen der Operationalisierung oft ausreichend, kann aber, vor allem wenn mehrere Lösungen im Einsatz sind, erhebliche Ressourcen binden. Langfristig erlaubt nur die Automatisierung des Modell-Scorings skalierbare Lösungen und Prozesse. Hierfür sind vor allem IT-Ressourcen notwendig, die nach wie vor bei den meisten Unternehmen fehlen.
Entdecken Sie neue Datenquellen. Logdaten werden stärker genutzt und können transaktionale Daten bereichern. Viele Unternehmen analysieren bereits Daten, die ihre Webseite oder ihr Webshop generiert, um zusätzliche Erkenntnisse über Kunden zu gewinnen. Auch anhand von Sensorlogs und Informationen aus IT-Netzwerken lassen sich interessante Use Cases ableiten.
Kümmern Sie sich um Ihre Datenqualität. Advanced Analytics bringt nichts ohne die richtigen Daten. Es geht darum, bestehende Daten in Bezug auf die Qualität, den Zugriff und die Interpretierbarkeit zu verbessern, neue Daten zu sammeln und externe Daten zu verknüpfen. Datenmanagement ist eine in diesem Kontext oft unterschätzte, aber zentrale Disziplin.
Investieren Sie in Ihr Personal. Viele Unternehmen starten massive Initiativen zur Weiterbildung – Bertelsmann nutzt dazu Open Online Courses von Udacity, Airbnb hat sein eigenes Schulungsprogram entwickelt. Die Schulungen nützen nicht nur Data Scientists, sondern auch Business-Analysten und Data Engineers. Nur durch Analytics Teams, in denen alle Rollen vorhanden und gut ausgebildet sind, lässt sich Advanced Analytics umsetzen.
Advanced Analytics Software
Dr. Sebastian Derwisch ist Data Scientist am Business Application Research Center (BARC). Er berät Unternehmen in den Bereichen Use-Case-Identifikation für Datenanalyse, Werkzeugauswahl für Advanced Analytics und die Organisation von Data-Science-Teams. Er führt Proof of Concepts für Advanced Analytics durch und gibt Data Science Coachings. Sebastian Derwisch ist Autor von BARC-Marktstudien und Forschungsartikeln, hält Vorträge auf Konferenzen und BARC- und Inhouse-Seminare. Kontakt: info@barc.de, Tel.: +49 931/880 651-0
Lars Iffert ist Analyst und Berater am Business Application Research Center (BARC). Seine Schwerpunkte sind die Datenverwaltung, Datenintegration, Datenqualität sowie Advanced und Predictive Analytics. Er unterstützt Unternehmen bei strategischen Fragen, im Softwareauswahlprozess und in der Überprüfung bestehender Lösungen. Er ist Autor diverser BARC-Produkt- und -Anwenderstudien. Kontakt: liffert@barc.de, Tel.: +49 931/880 651-0
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